Ein Diagnose-Termin, der alles veränderte

Ich weiss noch, als wäre es gestern gewesen. Es war weder Angst noch Nervosität im Spiel als ich dort im Wartezimmer meines Hausarztes sass. Vielmehr eine gewisse Vorfreude, endlich Gewissheit zu erhalten, was mit meinem Körper los war. Und diese Gewissheit kam auch ohne grosses „Tamtam“ direkt nach der Begrüssung meines Medizmannes des Vertrauens:

“Yannic, ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht; Die gute ist, du lebst ab jetzt gesünder, die schlechte, du hast Diabetes Typ 1.”

Bilder sagen manchmal mehr als tausend Worte - So in etwa erging es mir an dem besagten Tage beim Doc.

Bilder sagen manchmal mehr als tausend Worte – So in etwa erging es mir an dem besagten Tage beim Doc.
Quelle; https://balanceapp.com/blog/practice-self-love-meditation-in-memes

Der schleichende Beginn

Was war denn nun mit meinem Körper los? Naja, Ihr wisst sicherlich wie man Frösche in Frankreich kocht, oder? Man wirft sie nicht ins kochend heisse Wasser, denn dann würden sie sofort wieder rausspringen. Was macht der gewiefte Chef de Cuisine? Er legt die Frösche in angenehmes, raumtemperiertes Wasser und erhitzt es langsam, damit er (gemeint ist der Frosch!) erst zu spät merkt, dass er verbrennt.

Okay, diese Analogie hinkt stark. Es geht darum, dass ich gar nicht bemerkte, dass ich extrem abgenommen habe, mir regelmässig der Kreislauf Streiche spielte und ich energielos und genervt war, da es sich schleichend bemerkbar machte und sich „zur Gewohnheit“ eingenistet hatte. Ein klassischer Fall von „Hamsterradschen“-Verhalten.

Mir fiel auf, dass ich eine aussergewöhnlich ausgeprägte Lust auf Süssgetränke bekam, und zwar in solch rauen Mengen, sodass Hugh Hefner’s Bunny-Verschleiss wirkte als lebe er im Zöllibat.

Dies war die Reaktion meines Körpers, da er aufgrund des Produktionsstopps des hauseigenen Insulins den Zucker nicht in die Muskeln transportieren konnte, er lechzte quasi danach.

Er lechzte so sehr danach, dass ich nachts im Stundentakt aufstehen musste, um zu pinkeln, da der Körper gleichzeitig den im Blut überschüssigen Zucker wieder ausspülen wollte. Trinken, schlafen, aufstehen, pinkeln. In etwa so sehen die Schlafphasen eines angehenden Diabetikers aus. Yay! Not sweet, aber immerhin funktionierten scheinbar meine Harnwege durch und durch, und durch!

Djw19hdw4aaqnlf

Quelle; https://www.mysugr.com/de/blog/unsere-7-top-diabetes-memes-aus-dem-internet

Vom Chaos zur Klarheit

Dann ging alles schnell – ab zum Diabetologen, ab an die Nadel. Tja, so schnell wird man wohl zum Fixer. Da hätte mir Christiane F. ein Lied singen können. Okay then, die schlechten Witze legen wir mal beiseite. Ab da kam ich zum ersten Mal mit der Achtsamkeit in Berührung.

Ich darf es anders ausdrücken; das Leben zwang mich förmlich, das erste Mal auf MICH zu achten.

 Jedes Brötchen, jede Frucht, jede Stärkebeilage und ja, jeder  noch so kleine Snack wurde auf die Goldwaage gelegt, umgerechnet und dementsprechend gespritzt, nachdem man den aktuellen Zuckerstand geprüft hat – wohlgemerkt!

So zwang mich das Leben, im Halbstundentakt mir Zeit für meine Blutmesskontrollen zu nehmen.

Klingt alles unschön – ist es aber wie so oft im Leben des reptilienhirngesteuerten Bewusstseins nur auf den ersten Blick. Denn der erste Eindruck lügt ja bekanntlich oft. Ich durfte lernen, was ich eigentlich alles zu mir nahm: Aus was mein Essen bestand, wie mein Körper darauf reagiert und was ein glykämischer Index ist. Fancy Wort, nicht wahr?

Zudem durfte ich lernen, welche Hormone wir im Körper haben und wie diese auf den Blutzucker einwirken. Ich erlebte meine eigene kleine Renaissance – gut, mit weit weniger Grabschänderei – dafür mit weit mehr Erkenntnissen für meine Neugierde.

Was aber meinen inneren da Vinci vollends auf den Plan rief, war der immerwährende Satz, welcher von allen Seiten kam, sei es aus dem medizinischen oder aber aus dem privaten Lager: „Du kannst nichts dafür, du hattest einfach Pech.“

Dies machte für mich so viel Sinn, wie Benzin zum Löschen eines Feuers zu verwenden. Naja, immerhin weckte es ein inneres Feuer in mir. Ich wurde zum Sucher, ich durchforstete die unendlichen Weiten des Internets, erprobte dies und das und meine Antwort war, wie so oft ziemlich simpel und lag eigentlich sprichwörtlich vor meinen Füssen.

Ein Wendepunkt: Selbstakzeptanz durch Selbstliebe

Welches ist der erste Geschmack, den ein Mensch kennenlernt? Im Idealfall die Süsse der Muttermilch. Womit assoziieren wir deshalb auf ganz natürliche Art und Weise die Süsse? Ganz genau, mit der Liebe.

 Es war diese Süsse des Lebens, welche ich nicht mehr aufzunehmen vermochte, da ich mich als Opfer meiner Umstände gesehen habe und meine alten und fremdübernommenen Glaubenssätze mich limitierten- Und mein Körper spiegelte es auf eine brutal ehrliche, physische Art und Weise.

 Klingt nun vielleicht nach „Esogedöns“, mag sein, ja. Jeder lebt seine eigene Wahrheit. Für mich macht es absolut Sinn, wenn ich sehe, wie ich vor der Diagnose “lebte”, und wie es heute sein darf. Ich darf dankbar sein kann, dass mein Körper so durchgerüttelt worden ist.

 

Vom Leiden zum Lernen

Im Aussen gefallen wollen, keine Grenzen setzen, über seine eigenen Grenzen gehen und alles runterschlucken, um dem Chef zu gefallen, um dem Partner zu gefallen, dem Umfeld zu gefallen, sich aufzuopfern, nur um ein wenig dieser Süsse zu erhaschen. Bullshit, but yeah, aus dem grössten Schei**haufen kann die schönste Blume wachsen, nicht wahr?

Xr:d:dadzioogv6g:69097,j:34418022830,t:22090311

Schritt 1 : Akzeptanz!
Quelle; https://graciousquotes.com/acceptance/

Fazit: Das Leben darf süss sein

Ich bin inzwischen endlos dankbar, dass mir dies passiert ist und ich lernen durfte, dass wahre Liebe , Freude und Erfüllung im Inneren eines jeden Menschen ist, und davon sowieso genug für alle vorhanden ist. Also wofür noch „husteln“? Grossvater sagte ja immer: „Arbeite hart, dann wird was aus dir.“ Leider wurde aus Grossvater scheinbar auch nichts. Die Pointe – wir SIND bereits WAS und werden es immer SEIN. Nur leider vergessen wir es manchmal und verfallen der guten, alten illusorischen Leistung – ein Klassiker der limitierenden Glaubenssätze. Sei diese aus dem kollektiven Bewusstsein oder schlicht und ergreifend aus der eigenen Familie fremdübernommen worden.

Wie ich erleben durfte, sind die grössten und schönsten Geschenke manchmal die am schlechtesten verpackten. Und wenn man den Statistiken glaubt, sollen die Diagnosen an Typ 1ern von circa 8.4 Millionen auf bis zu 17.4 Millionen bis ins Jahr 2040 (https://www.diabsite.de/aktuelles/nachrichten/2023/230125.html) und von  Typ 2er von rund 537 Millionen um rund einen Drittel ansteigen bis 2045 (https://idf.org/about-diabetes/diabetes-facts-figures/) . Crazy Shit! Oder doch Big Hit?

Und so glaube ich, dass wir früher oder später alle erwachen dürfen aus einem Traum, welcher nicht unser eigener ist, und das immer wieder und wieder, denn das Leben ist ein Spiel und darf süss sein.

Ich lade Euch ein, Eure eigenen Erfahrungen zu reflektieren: Wann habt ihr das letzte Mal bewusst auf Euch geachtet, den Fokus auf Euch selbst gelegt, mit allen Lichtern und Schatten? Wann habt ihr euch über eure eigenen Selbstverständlichkeiten gefreut? Eure Gesundheit, eure Liebsten, welche wohlauf sind, ein gefüllter Kühlschrank, die saubere Luft, das Lächeln einer fremden Person? You name it. 

So, genug der Worte! Nun werde ich mir ein Stück Schokolade gönnen – weil das Leben einfach süss sein darf.

In diesem Sinne, alles Liebe!